Die P-51 Mustang gilt als eines der wichtigsten Flugzeuge des Zweiten Weltkriegs. Ihre elegante Form und ihre überragende Leistung machten sie zu einem entscheidenden Faktor im Luftkrieg. Dieses Kapitel beleuchtet die grundlegenden Ereignisse und Entscheidungen, die zu ihrer Entstehung führten – den „Initialfunken“, der diese Legende entzündete. Die Geschwindigkeit und die Umstände ihrer Geburt scheinen im Rückblick fast unglaublich.
North American Aviation
Von der Holding zur Flugzeugproduktion
Die Geschichte der P-51 Mustang ist untrennbar mit der Geschichte ihres Herstellers, North American Aviation (NAA), verbunden. Das Unternehmen wurde am 6. Dezember 1928 von Clement Melville Keys gegründet. Die ursprüngliche Intention von NAA war jedoch nicht die Entwicklung und Produktion von Flugzeugen, sondern vielmehr die Etablierung als Holdinggesellschaft. Keys beabsichtigte, in verschiedene Fluggesellschaften und Luftfahrt bezogene Unternehmen zu investieren und diese zu verwalten.(1) Zu diesen Beteiligungen gehörte beispielsweise die Eastern Air Lines.(2) Diese frühe Phase verdeutlicht, dass die spätere Ausrichtung von NAA auf die Flugzeugproduktion eine signifikante Veränderung in der Unternehmensstrategie darstellen.
Ein entscheidender Wendepunkt in der Geschichte von North American Aviation war der Air Mail Act von 1934. Dieses Gesetz erzwang die Auflösung von Luftfahrt-Holdinggesellschaften, da es Unternehmen untersagte, sowohl Flugzeuge herzustellen als auch Fluglinien zu betreiben.(1) Dieser regulatorische Druck war der Hauptauslöser für die Transformation von NAA in ein Flugzeugbauunternehmen.
Um diesen neuen Kurs zu steuern, wurde James H. „Dutch“ Kindelberger von der Douglas Aircraft Company abgeworben.(1) Bereits im Jahr 1933 hatte die General Motors Corporation eine Mehrheitsbeteiligung an NAA erworben und das Unternehmen mit ihrer allgemeinen Luftfahrtsparte zusammengelegt, wobei der Name North American Aviation beibehalten wurde.(1) Unter der Führung von Kindelberger wurde der Hauptsitz des Unternehmens nach Los Angeles, Kalifornien, verlegt. Dieser Schritt war strategisch motiviert, da das ganzjährig günstige Flugwetter in Südkalifornien ideale Bedingungen für die Entwicklung und Erprobung neuer Flugzeugmuster bot.(10)
In den ersten Jahren unter Kindelbergers Leitung konzentrierte sich NAA auf die Entwicklung von Trainingsflugzeugen. Man ging davon aus, dass es in diesem Segment einfacher wäre, sich gegenüber den etablierten Herstellern zu behaupten.(10) Zu den frühen Modellen gehörten das Beobachtungsflugzeug GA-15 und der Trainer GA-16, der auch als BT-9 bekannt war.(1) Ein wichtiger Erfolg war der Gewinn der Army Air Corps Trainer-Ausschreibung im Jahr 1934 mit der NA-16, die als BT-9 in Produktion ging.(3) Das erste Kampfflugzeug von NAA war die BC-1 aus dem Jahr 1937, die auf dem Design der GA-16 basierte.(1) Eine Weiterentwicklung des BT-9 war der T-6 Texan Trainer, der sich zu einem der meistgenutzten Trainingsflugzeuge aller Zeiten entwickelte.(1) Diese frühen Erfolge im Bereich der Trainingsflugzeuge etablierten den Ruf von NAA als zuverlässigen Flugzeughersteller und legten den Grundstein für die Entwicklung komplexerer Kampfflugzeuge. Die kontinuierliche Weiterentwicklung von Modellen wie der Übergang von der GA-16 über die BT-9 zur T-6 demonstriert das Bestreben des Unternehmens nach stetiger Verbesserung und Anpassung.
Die "Shopping Mission" und das Bedürfnis nach einem neuen Jagdflugzeug
Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs im Jahr 1939 setzte die britische Royal Air Force (RAF) unter enormen Druck.(13) Großbritannien sah sich mit einem Mangel an modernen Kampfflugzeugen konfrontiert, um der wachsenden Bedrohung durch die deutsche Luftwaffe entgegenzutreten.14 Die heimische Produktion von Spitfires und Hurricanes konnte mit den Verlusten und der steigenden Nachfrage kaum Schritt halten.(16) Diese prekäre Lage führte dazu, dass Großbritannien dringend Flugzeuge aus externen Quellen, insbesondere aus den Vereinigten Staaten, benötigte.
Um diese Beschaffungsbemühungen zu koordinieren, richtete die britische Regierung im Januar 1940 die British Purchasing Commission (BPC) in New York City ein, die zunächst als British Direct Purchase Commission firmierte.[14] Deren Hauptaufgabe bestand darin, die Produktion und den Kauf von Rüstungsgütern, einschließlich Flugzeugen, von nordamerikanischen Herstellern zu organisieren.(14) Die BPC agierte zunächst unter den Beschränkungen der US-amerikanischen Neutralitätsgesetze und nutzte das „Cash and Carry“-Prinzip, um die Materialien mit den britischen Goldreserven zu bezahlen.(14) Darüber hinaus übernahm die BPC Aufträge, die ursprünglich von Frankreich, Belgien und Norwegen nach deren Kapitulation erteilt worden waren.(14) Die Existenz der BPC war ein entscheidendes Instrument für Großbritannien, um trotz der amerikanischen Neutralität lebenswichtige Kriegsgüter aus den USA zu sichern, was die verzweifelte Notwendigkeit externer Unterstützung verdeutlicht.
Im April 1940 wandte sich die BPC schließlich an North American Aviation mit der Anfrage, Curtiss P-40 Jagdflugzeuge in Lizenz für die RAF zu bauen.(16) Die RAF hatte bereits Erfahrungen mit der P-40 gesammelt und benötigte dringend mehr Flugzeuge dieses Typs, jedoch waren die Produktionskapazitäten von Curtiss bereits voll ausgelastet.(16) North American Aviation lieferte zu diesem Zeitpunkt bereits T-6 Texan Trainingsflugzeuge (in britischen Diensten als Harvard bekannt) an die RAF.[24] Die britische Anfrage an NAA war somit nicht primär auf die Entwicklung eines völlig neuen Jagdflugzeugs gerichtet, sondern eher auf die Lizenzfertigung eines bereits bewährten Musters, da andere Produktionskapazitäten begrenzt waren. Dies zeigt, dass NAA zu diesem Zeitpunkt zwar als zuverlässiger Lieferant galt, aber in den Augen der Briten nicht unbedingt als führender Entwickler von Jagdflugzeugen.
Ein kühner Gegenvorschlag
Die Geburtsstunde des NA-73X
Sie wandte sich an North American Aviation (NAA) mit der Absicht, eine Lizenzproduktion für Curtiss P-40 Jagdflugzeuge für die Royal Air Force (RAF) zu initiieren.(1) Doch NAA, ein Unternehmen ohne vorherige Erfahrung im Bau von Jagdflugzeugen(2), unterbreitete einen bemerkenswert kühnen Gegenvorschlag. Statt einer bloßen Lizenzfertigung bot NAA an, einen völlig neuen, überlegenen Jäger zu entwerfen, der um den Allison V-12 Motor der P-40 herum konstruiert werden sollte. Das entscheidende Versprechen war, dass die Produktion dieses neuen Flugzeugs nicht länger dauern würde als die Einrichtung einer P-40-Produktionslinie.(1) Diese proaktive Haltung und die Bereitschaft, ein kalkuliertes Risiko einzugehen, indem sie unter extremem Zeitdruck ein völlig neues Design vorschlugen, waren entscheidend für die Geburt eines der bedeutendsten Flugzeuge des Zweiten Weltkriegs. Es unterstreicht NAAs Ambition und Ingenieurskunst, die die Grundlage für ihren späteren Erfolg legten. Es ist bemerkenswert, dass NAA bereits seit dem Sommer 1939 "im Stillen" an einem solchen Jägerprojekt gearbeitet und einen Großteil des Detailentwurfs bereits abgeschlossen hatte, was ihre Fähigkeit zu diesem ehrgeizigen Angebot untermauerte.(3)
Die BPC stimmte dem Vorschlag zu, und NAA begann am 1. Mai 1940 mit den Arbeiten am als NA-73X bezeichneten Prototyp.(4) Die Entwicklungszeit war beispiellos: Der Prototyp, North American Seriennummer 73-3097, wurde am 9. September 1940, nur 102 Tage nach Auftragserteilung, ohne Motor aus der Fabrik gerollt.(5) Sein Erstflug erfolgte am 26. Oktober 1940, lediglich 149 Tage nach Vertragsbeginn.(1) Diese außergewöhnlich kurze Entwicklungszeit, selbst unter den Bedingungen des Krieges (6), war ein direktes Ergebnis des immensen Drucks und der Effizienz der Kriegszeit. Die dringende Notwendigkeit eines neuen Jägers, angetrieben durch die schweren Verluste der Alliierten (9), zwang zu einer beispiellosen Beschleunigung des Design- und Fertigungsprozesses. Dies implizierte, dass die anfängliche Erprobung und die Designverfeinerungen äußerst effizient und pragmatisch sein mussten, da wenig Spielraum für langwierige, iterative Forschungs- und Entwicklungszyklen blieb. Die RAF benannte den neuen experimentellen Prototypen passenderweise "Mustang".(8)
Erste Bestellung und US-Interesse
Der ursprüngliche Vertrag sah die Produktion von 320 Jägern bis zum 30. September 1941 vor.(4) Die Briten bestellten zunächst 320 NA-73 Jäger (Mustang Mk. I), gefolgt von einer zweiten Bestellung über 300 weitere Flugzeuge.(5) Obwohl die ursprünglichen Geschäfte direkt zwischen der BPC und NAA stattfanden und das US-Militär zunächst nicht involviert war, erhielt die USAAC (US Army Air Corps) im September 1940 zwei Exemplare der NA-73 (Seriennummern 41-038 und 41-039) zur Evaluierung.(1)
In Rekordzeit zum Prototyp
Konstruktionsphilosophie und Fertigungsziele
Der NA-73X wurde von einem Team unter der Leitung von Chefingenieur Edgar Schmued entworfen.(6) Die Konstruktion folgte den besten konventionellen Praktiken der damaligen Zeit und war von Anfang an auf einfache und kostengünstige Massenfertigung ausgelegt.(3) Jede Komponente wurde mit diesem Ziel entworfen, und genaue Holzmodelle wurden zur Unterstützung der Produktionsplanung erstellt, um die problemlose Installation zu gewährleisten.(12)
Das Flugzeug bestand primär aus Metall, wobei die Flugsteuerflächen stoffbespannt waren.(4) Die dreiteilige Halbschalen-Rumpfstruktur wurde vollständig aus 24S-Aluminiumlegierung (einer Art Duralumin) gefertigt, um Gewicht zu sparen. Der Rumpf des NA-73X war eines der ersten Flugzeuge, dessen Form mathematisch mittels Kegelschnitten geloftet wurde, was zu außergewöhnlich glatten, widerstandsarmen Oberflächen führte. Zur Erleichterung der Produktion wurde die Flugzeugzelle in fünf Hauptsektionen unterteilt – vorderer, mittlerer, hinterer Rumpf und zwei Flügelhälften. Alle diese Sektionen wurden vor dem Zusammenfügen mit Verkabelung und Rohrleitungen versehen.(6) Die Flügelhälften trafen sich an der Mittellinie, was die Fertigung vereinfachte.(3) Für das Fahrwerk, die Hydraulik und die elektrischen Systeme wurden Komponenten des North American AT-6 Trainers verwendet, was die Produktionskomplexität weiter reduzierte.(5)
Bahnbrechende aerodynamische Merkmale
Ein herausragendes Merkmal des Mustang war die Verwendung eines Laminarflügels, was ihn zum ersten Flugzeug dieser Art machte.(3) Diese Flügelprofile, die in Zusammenarbeit zwischen NAA und dem National Advisory Committee for Aeronautics (NACA) entwickelt wurden (bekannt als NAA/NACA 45–100 Profile), erzeugten bei hohen Geschwindigkeiten einen geringen Luftwiderstand.(3) Windkanaltests zeigten die Überlegenheit dieser neuen Profile gegenüber herkömmlichen NACA-Profilen.6 Ein Merkmal dieser Profile war, dass ihre größte Dicke weiter hinten lag (bei 50 % der Flügeltiefe statt der üblichen 20 %) und sie wenig Wölbung aufwiesen. Obwohl sie bei hohen Geschwindigkeiten "rutschiger" waren, hatten sie bei niedrigen Geschwindigkeiten auch weniger Auftrieb, was die Notwendigkeit großer und leistungsstarker Klappen zur Einhaltung praktikabler Landegeschwindigkeiten mit sich brachte.(3)
Eine weitere innovative Eigenschaft war die neue Kühlanordnung. Die Kühler für Kühlmittel und Öl waren in einer einzigen, stromlinienförmigen Baugruppe hinter und unter dem Cockpit im hinteren Rumpf untergebracht.(3) Dieses Design reduzierte den Rumpfwiderstand erheblich.(6) Später wurde entdeckt, dass diese Kühlanordnung den sogenannten Meredith-Effekt nutzen konnte, bei dem die erhitzte Luft beim Austritt aus dem Kühler einen geringen Schub erzeugte.(3) Da NAA keinen geeigneten Windkanal für Tests dieser Funktion besaß, wurde der GALCIT 3.0 m Windkanal am California Institute of Technology genutzt.6 Die Nachteile einer solchen Kühlanordnung waren das zusätzliche Gewicht und die erhöhte Anfälligkeit der langen Rohrleitungen vom und zum Motor im Kampf.(3)
Der NA-73X zeichnete sich nicht nur durch aerodynamische Innovationen wie den Laminarflügel und das Meredith-Effekt-Kühlsystem aus, sondern wurde auch von Grund auf für "einfache Massenfertigung" konzipiert. Merkmale wie die mathematische Formgebung des Rumpfes und die modulare Bauweise sowie die Verwendung von AT-6-Trainerkomponenten unterstreichen diesen pragmatischen Ansatz zur schnellen und kostengünstigen Produktion. Dieser doppelte Fokus – auf Spitzentechnologie und Herstellbarkeit – war entscheidend für den Erfolg. Er ermöglichte es, ein hochmodernes Flugzeug schnell und in großen Stückzahlen zu produzieren, ein kriegsentscheidender Faktor. Ohne die einfache Produktion hätte selbst ein überlegenes Design möglicherweise nicht die weitreichende Wirkung der P-51 entfaltet, was darauf hindeutet, dass das Designteam theoretische aerodynamische Ideale mit praktischen technischen Zwängen in Einklang brachte.
Das gekapselte Kühlsystem wurde ursprünglich primär zur Reduzierung des Luftwiderstands entwickelt. Die Entdeckung des Meredith-Effekts war eine spätere Erkenntnis. Dies deutet darauf hin, dass ein Designmerkmal, das für einen primären Vorteil implementiert wurde (Widerstandsreduzierung), unerwartet einen zusätzlichen, signifikanten Leistungsvorteil (Propulsionsschub) erbrachte. Diese Entdeckung unterstreicht die Tiefe des aerodynamischen Verständnisses bei NAA und NACA. Sie legt auch nahe, dass selbst ohne vollständiges anfängliches Verständnis aller Vorteile die grundlegenden Designprinzipien (geringer Widerstand, effiziente Kühlung) fundiert waren, was zu unvorhergesehenen Leistungssteigerungen führte, die die Überlegenheit des Mustangs weiter festigten.
Kontroversen um die Nutzung von Curtiss-Daten
Es gab eine "Urban Legend", dass der Mustang viele Designmerkmale von der Curtiss XP-46 übernommen habe.(2) Die Briten hatten darauf bestanden, dass NAA, da sie keine Erfahrung im Jägerbau hatten, alle aktuellen Daten von Curtiss über die P-40 und die XP-46 einholen sollten. NAA zahlte 56.000 Dollar für technische aerodynamische Daten der XP-46.(2) NAA machte nie ein Geheimnis aus dem erworbenen Material.(12) Doch es gab nur eine "sehr breite Ähnlichkeit" zwischen der XP-46 und dem NA-73X.(2) Die XP-46 verfügte nicht über Laminarflügel.(2) Die Entwicklung der XP-46 hinkte der NA-73X hinterher, und ihre Prototypen waren erst im Februar 1941 flugbereit.(2) Der vorläufige Entwurf des NA-73X war zudem abgeschlossen, bevor NAA Zugang zu den Curtiss-Daten erhielt. Es wurde sogar argumentiert, dass die XP-46-Daten für NAA am nützlichsten waren, um sie "anzuleiten, was NICHT zu tun ist". Der NA-73X schien "praktisch nichts von früheren Jägerentwürfen zu schulden". Die volle Bedeutung des Beitrags von Curtiss zum NA-73X-Design bleibt bis heute umstritten.(2)
2 x.50 Kaliber und 4 x.30 Kaliber Maschinengewehre 3
Chronologie der Erstflüge und Testpiloten
Der NA-73X Prototyp mit der zivilen Registrierung NX19998 absolvierte seinen Erstflug am 26. Oktober 1940 unter der Steuerung des freiberuflichen Testpiloten Vance Breese.(6) Der erste Flug dauerte fünf Minuten, gefolgt von einem weiteren zehnminütigen Flug am selben Tag. Breese absolvierte zwischen dem 26. Oktober und 13. November weitere sechs Testflüge, die insgesamt etwa 3 Stunden und 30 Minuten Flugzeit umfassten.(10)
Am 20. November 1940 unternahm NAA-Cheftestpilot Paul Baird Balfour seinen ersten Flug im NA-73X, der als Hochgeschwindigkeitstest geplant war.(10) Dieser Flug endete jedoch abrupt mit einem Unfall, der den Prototypen für mehrere Monate außer Gefecht setzte.(2) Nach der Reparatur des Prototyps wurde Robert C. Chilton als neuer Cheftestpilot eingestellt.(10) Chilton absolvierte seinen ersten Flug im NA-73X am 3. April 1941 und setzte das Testprogramm fort, wobei er die Mehrheit der Flugtests für Verbesserungen und Modifikationen durchführte.(4)
Erste Eindrücke und Handling-Eigenschaften des Prototyps
Die anfänglichen Piloten-Rückmeldungen zum NA-73X waren überwiegend positiv und bestätigten die Exzellenz des Kerndesigns. Vance Breese berichtete, dass der Prototyp "gut zu handhaben war und eine beeindruckende Treibstoffladung aufnehmen konnte".6 Robert C. Chilton bestätigte diese Einschätzung und erklärte, dass der NA-73X "ein sauber fliegendes Flugzeug ohne schlechte Eigenschaften war. Es war in der Luft recht angenehm und verhielt sich sehr ähnlich wie spätere Serienflugzeuge".4 Diese Aussagen sind für einen Prototypen besonders aussagekräftig und deuten auf eine von Anfang an ausgereifte Grundkonstruktion hin. Das breite Fahrwerk mit einer Spurweite von fast 12 Fuß verbesserte das Bodenhandling erheblich und machte Landungen einfacher als bei damaligen Jägern wie der Spitfire oder Bf 109.3 Diese starke anfängliche Leistung bedeutete, dass die weitere Entwicklung sich stärker auf Triebwerksverbesserungen und kampfspezifische Erweiterungen konzentrieren konnte, anstatt grundlegende Änderungen an der Flugzeugzelle vornehmen zu müssen. Dies bestätigte NAAs mutige Entscheidung, ein neues Flugzeug zu entwerfen, anstatt eine Lizenzproduktion durchzuführen.
Der Zwischenfall mit Paul Balfour und die erzwungene Landung
Am 20. November 1940, während des fünften Testflugs des NA-73X, erlebte der Prototyp einen bedeutenden Zwischenfall. Testpilot Paul Baird Balfour, der seinen ersten Flug im NA-73X absolvierte, vergaß, die Treibstofftanks zu wechseln, was zu Treibstoffmangel und einer erzwungenen Landung führte. Das Flugzeug landete in einem gepflügten Feld westlich des Lincoln Boulevard und überschlug sich dabei.(2) Der Bericht des Civil Aeronautics Board (CAB) beschrieb den Schaden als "Motorgehäuse gebrochen, beide Flügelspitzen beschädigt, Heckflächen beschädigt, Oberseite des Rumpfes beschädigt und weitere diverse Schäden". Glücklicherweise wurde Balfour nicht verletzt und konnte aus dem umgedrehten Wrack kriechen.10 Der Unfall wurde auf "Treibstoffmangel zurückzuführen, da Balfour vergaß, einen anderen Tank auszuwählen".(10)
Auswirkungen des Vorfalls auf das Testprogramm
Der Unfall setzte den Prototypen für mehrere Monate außer Gefecht.2 Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der NA-73X lediglich 3 Stunden und 20 Minuten Flugzeit angesammelt.(10) Der Prototyp wurde zur Fabrik zurückgebracht und wieder aufgebaut.10 Da der Unfall auf einen Pilotenfehler und nicht auf einen Konstruktionsfehler des Flugzeugs zurückzuführen war, verzögerte er das Gesamtprogramm nicht übermäßig.(2) Der NA-73X nahm die Flüge am 11. Januar 1941 wieder auf und setzte das anfängliche Entwicklungsprogramm bis zu seiner Außerdienststellung am 15. Juli 1941 fort.2 Nach der Reparatur wurde Robert C. Chilton als neuer Cheftestpilot eingestellt, der die Testflüge fortsetzte.(10)
Der NA-73X erlitt früh in seiner Erprobungsphase einen signifikanten Unfall. Das Programm wurde jedoch nicht wesentlich verzögert, da der Unfall auf Pilotenfehler und nicht auf einen grundlegenden Konstruktionsfehler zurückgeführt wurde. Die schnelle Reparatur und Fortsetzung der Tests unterstreichen die Robustheit der Flugzeugkonstruktion und die Dringlichkeit der Entwicklung in Kriegszeiten. Dieser Vorfall, obwohl ein Rückschlag, untergrub das Vertrauen in das Kerndesign des NA-73X nicht. Er bestätigt die Annahme, dass das Flugzeug von Natur aus solide war, was dem Entwicklungsteam ermöglichte, den Zwischenfall schnell zu überwinden und sich auf Verfeinerungen zu konzentrieren. Dies zeigt auch den Pragmatismus der Kriegszeit-Erprobung, bei der Pilotenfehler von Flugzeugmängeln getrennt wurden.
Direkte Anpassungen und Verbesserungen aus der Erprobung
Als direktes Ergebnis der Prototypentests wurden mehrere Änderungen an der Geometrie der ventralen Kanäle (für Kühler) und der steuerbaren Klappen vorgenommen. Insbesondere wurde der Einlass des Kanals nach unten verlegt, so dass seine Oberlippe tiefer lag als die Unterseite des Flügels. Dies sollte das Ansaugen einer turbulenten Grenzschicht Luft in den Kühler verhindern. Für die erste Produktions-Mustang Mk I für die RAF (AG345), die von NAA als Entwicklungsmaschine zurückgehalten wurde, wurde der Vergasereinlass bis zur Nase verlängert, um eine gute Stauluftrückgewinnung bei erweiterten Anstellwinkeln zu gewährleisten.2() Diese Modifikationen zeigen, dass die Prototypenerprobung nicht nur der Validierung des ursprünglichen Designs diente, sondern auch der aktiven Identifizierung und Behebung subtiler aerodynamischer Probleme. Dies waren direkte, datengesteuerte Verbesserungen. Dieser iterative Prozess des Testens, der Problemerkennung und der Implementierung spezifischer Modifikationen war entscheidend für den Übergang von einem vielversprechenden Prototypen zu einem zuverlässigen Serienflugzeug. Er zeigt, dass selbst bei einer anfänglich "sauber fliegenden" Bewertung Ingenieure nach marginalen Gewinnen suchten und kleinere Fehler korrigierten, was zur Gesamtleistung des Mustangs beitrug.
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